Mein erster Text zwischen zwei Buchdeckeln
(Britta Mühlbauer ― Leseprobe)
Am Anfang schien alles ganz einfach. Ich schickte Texte an Literaturzeitschriften und sie wurden abgedruckt. Durch Vermittlung der Schreibwerkstattleiterin Christa Brauner gelangten einige meiner Erzählungen in Anthologien des Aarachne- und des Milena-Verlags. (In Schreibwerkstätten, ‑seminaren, ‑workshops und ‑akademien lernen AutorInnen nicht nur ihr Handwerk. Oft ergeben sich Kontakte zum Literaturbetrieb.)
Der Aarachne-Verlag war ein Zwei-Mann-Unternehmen. Die beiden Verleger kümmerten sich um alles: das Programm, den Vertrieb, das Marketing, und sie finanzierten den Verlag aus eigener Tasche. Rötzerbub, eine Erzählung im Thomas-Bernhard-Stil (was wohl jede/r österreichische/r Autor/in einmal im Leben ausprobiert haben muss), erschien in der Anthologie Das große Dorfhasser-Buch, mein erster Text zwischen zwei Buchdeckeln! Ich war begeistert und verschenkte das Dorfhasser- Buch an Verwandte und Freunde. Der Verleger Ernst Petz, den ich bei einer Buchpräsentation kennen lernte, war von meiner Geschenkaktion weniger begeistert. Immerhin bezog ich das Buch mit 40 Prozent AutorInnenrabatt. Der Verlag produziert inzwischen keine neuen Programme mehr. Die Bücher allerdings sind immer noch zu haben.
Im Milena-Verlag erschien unter anderem meine Erzählung Gassi in der Anthologie Die Sprache des Widerstandes ist alt wie die Welt und ihr Wunsch, Texte gegen die schwarz-blaue Koalition, die mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch ausgezeichnet wurde. Die Lektorin Karin Ballauff lernte ich erst später persönlich kennen. Damals tauschten wir nur E‑Mails aus, denn die Texte wurden lektoriert, was bei Anthologien selten ist.
Irgendwann hatten sich bei mir genug Geschichten für einen eigenen Erzählband angesammelt. Ich brauchte nur noch einen Verlag. Vorgewarnt durch die Erfahrungen bekannter AutorInnen rechnete ich mit Absagen. Ich schickte Textproben meiner Erzählungen zunächst an die großen deutschen Literaturverlage, bei denen ich mir wenige Chancen auf eine Veröffentlichung ausrechnete. Ich wollte die Enttäuschungskurve flach halten. Von einigen Verlagen erhielt ich gar keine Antwort, andere schickten Formbriefe, die immerhin freundlich formuliert waren. Sie endeten mit der Begründung, dass die Texte nicht ins Verlagsprogramm passten. Die Formulierung lässt alles offen, Text und AutorIn bleiben ungeschoren. Die Programmverantwortlichen wissen, dass sie sich bei der Beurteilung von Texten irren können. So manche/r hat schon einen späteren Bestseller abgelehnt. Und was gäbe es Peinlicheres, als einem Erfolgsautor oder einer Erfolgsautorin über den Weg zu laufen, deren Texte man womöglich als nicht veröffentlichbaren Schwachsinn abgetan hat?
Danach versuchte ich es bei den großen österreichischen Verlagen. Beim Deuticke-Verlag hatte ich eine persönliche Ansprechpartnerin. Martina Schmidt, die Programmleiterin, stammt aus derselben Stadt wie ich, ihre beste Freundin war die Schwester meiner besten Freundin. Als ich ihr meine Texte schickte, versprach sie mir, sie zu lesen. Ich würde von ihr »eine ehrliche Meinung« bekommen. Ich hatte schon geahnt, dass ein persönlicher Kontakt zu einem Verlag nicht automatisch eine Veröffentlichung nach sich ziehen würde. Ich wartete also gespannt. Was ich nicht wusste: Der Deuticke-Verlag übersiedelte damals zu Zsolnay, der anderen österreichischen Hanser-Tochter. Der Stapel unverlangt eingesandter Manuskripte kam nicht mit. (Ich habe diesen Stapel nie gesehen und stelle ihn mir als mannshohe Altlast mehr oder weniger vergilbten Papiers vor. Dass auch daraus manchmal Bücher entstehen, zeigt das Beispiel von Margarita Kinstner. Eine Praktikantin zog zufällig das Manuskript von »Mittelstadtrauschen« aus dem Stapel. Daraus wurde aus dem Stand ein kleiner Bestseller.)
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